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Das Erbe

Mit dem Ankauf von Schinkels künstlerischem Nachlass, bestehend aus fast 3.000 eigenhändigen Skizzen und Zeichnungen sowie 14 Ölgemälden, legte König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 1842 den Grundstock für das Schinkel-Museum. In den folgenden Jahren wurde das Museum in drei Räumen der ehemaligen Schinkel’schen Dienstwohnung in der Bauakademie eingerichtet und 1844 eröffnet. Damit gehörte das Schinkel-Museum zu den ersten Museen, das allein einem Künstler oder Architekten gewidmet wurde. Besonders in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens konnte das Schinkel-Museum zum Teil erhebliche Zuwächse seiner Bestände durch Überweisungen aus Behörden und Ministerien, Schenkungen und gelegentliche Ankäufe verzeichnen. Heute beläuft sich das »Erbe Schinkels« am Berliner Kupferstichkabinett auf zirka 5.500 Zeichnungen, Gouachen, Aquarelle und Graphiken zumeist von eigener Hand oder nach seinen Entwürfen.

Geschichte des Schinkel-Museums

Nur wenige Wochen nach Schinkels Tod wünschte Friedrich Wilhelm IV. »allen hinterlassenen Schinkelschen Bildern und Zeichnungen eine würdige Aufbewahrung zu sichern«, wie der Geheime Kabinettsrat Müller am 6. November 1841 an den »ältesten und treusten Freund des Verstorbenen«, Peter Beuth, schrieb. Beuth machte sich sofort ans Werk und verfasste ein »Promemoria«, in dem er sich dezidiert für den Ankauf der Sammlung und deren Vereinigung mit weiteren Arbeiten Schinkels aussprach, die in verschiedenen Behörden und Ministerien aufbewahrt wurden. Januar 1842 erwarb der preußische Staat schließlich den künstlerischen Nachlass Schinkels zusammen mit dessen Sammlung antiker Gipsabgüsse für 30.000 Taler von Schinkels Witwe Susanne (geb. Berger). Gleichzeitig erging die Order, »die anderweitig bereits im Besitze des Staates befindlichen Schinkelschen Zeichnungen und Entwürfe, soweit es ohne Nachteil ausführbar ist«, mit der Sammlung zu vereinigen. So kamen bis zur Eröffnung des Museums im November 1844 nochmals mehr als 320 Blätter aus der Oberbaudeputation, Schinkels bedeutendster Wirkungsstätte, und knapp 80 Blätter aus dem Gewerbeinstitut hinzu, dem Beuth vorstand. Durch weitere Überweisungen aus staatlichen Institutionen, durch private Schenkungen und Ankäufe wuchs die Sammlung bis Anfang der 1860er Jahre auf etwa 3.700 Skizzen und Zeichnungen an. Zwischenzeitlich war auch die Beuth-Sammlung mit bedeutenden Altmeisterzeichnungen und Druckgraphiken u. a. von Dürer erworben und dem Namen nach mit der Schinkel-Sammlung vereinigt worden (»Beuth-Schinkel-Museum«).

Die Ordnung und soweit möglich Bestimmung der Schinkel-Zeichnungen übernahmen der Oberbaurat August Soller und der Landbaumeister Wilhelm Salzenberg. Anschließend wurden die Blätter aufgezogen und in 66 Mappen abgelegt, die Besucher des Museums an zwei Tagen in der Woche jeweils für zwei Stunden einsehen konnten. Das Museum erfreute sich regen Zuspruchs, noch 1844 wurden Besuchern mehr als 150 Mappen vorgelegt, danach rund tausend Mappen jährlich.

In der beschriebenen Form bestand das Schinkel-Museum bis Anfang der 1870er Jahre. Raumnot, aber auch eine gesunkene Wertschätzung des Schinkel'schen Werks führten 1872 zur Ausräumung des Saales mit den Gipsabgüssen und zu einem Zusammenrücken der Sammlung. Später wurde sie ins Erdgeschoss der Bauakademie verbracht, von wo sie 1884 mit dem Umzug der Lehranstalten in den Neubau der Technischen Hochschule Charlottenburg (heute TU Berlin) gelangte. Das Schinkel-Museum blieb eigenständig und bezog zusammen mit der Beuth-Sammlung Räume im Südflügel des Hauptgebäudes. Im anschließenden Ostflügel befand sich das neu gegründete Architekturmuseum der Hochschule. Das nunmehrige Beuth-Schinkel-Museum diente weiter als Lehr- und Studiensammlung. Ins Blickfeld einer breiteren Öffentlichkeit gelangte die Sammlung 1906 als die Nationalgalerie in der Jahrhundertausstellung auch Leihgaben aus dem Beuth-Schinkel-Museum zeigte.

Die Jahrhundertausstellung leitete eine Neubewertung der Kunst um 1800 ein; Neues Bauen und Neue Sachlichkeit nach dem ersten Weltkrieg taten ein Übriges, um das Interesse an Schinkel, in besonderem Maße auch an seinem Schüler Ludwig Persius, wiederzubeleben. Auf Betreiben von Ludwig Justi, dem als Direktor der Nationalgalerie vor allem an den Gemälden Schinkels gelegen gewesen sein dürfte, gelangte das Schinkel-Museum 1923 endgültig in die Verwaltung der Nationalgalerie. Es erhielt 1924 ein eigenes Haus an der Hardenbergstraße, in dem auch das Rauch-Museum aus der Berliner Klosterstraße untergebracht werden sollte (Rauch-Schinkel-Museum). Aufgrund baulicher Mängel wurde das Museum jedoch nie eröffnet.

Weitere sieben Jahre vergingen bis im Obergeschoss des Prinzessinnenpalais Unter den Linden das Schinkel-Museum erneut eingerichtet und am 13. März 1931, Schinkels 150. Geburtstag, feierlich eröffnet wurde. In thematischer Ordnung veranschaulichten Gemälde, Zeichnungen und Skizzen die ganze Bandbreite Schinkel'schen Schaffens. Hinzu kamen Skulpturen der Zeit und Werke des Kunstgewerbes nach Schinkels Entwürfen. Im Erdgeschoss wurden die Mappen aufbewahrt und befand sich auch der Studiensaal. Weiter waren hier die Sammlung Beuth, und das Rauch-Archiv untergebracht.

Bereits zwei Jahre später musste das Palais wieder geräumt werden. Gleichzeitig zerschlug sich die Hoffnung, das Schinkel-Museum erneut in der Bauakademie einrichten zu können. Im Zweiten Weltkrieg waren die Bestände ausgelagert, zuletzt im Flakturm am Berliner Zoo. Nach Kriegsende wurde der größte Teil der Sammlung in die Sowjetunion verbracht, von wo sie im Rahmen der großen Rückführungsaktion von 1958/59 nach Berlin zurückkehrte. Seit 1966 war der Zeichnungsbestand des Schinkel-Museums der Forschung im wieder aufgebauten Alten Museum in Ost-Berlin zugänglich; die Gemälde soweit nicht verschollen oder verloren fanden ihr neues Domizil in West-Berlin, zunächst ab 1968 in der Neuen Nationalgalerie am Potsdamer Platz und ab Mitte der 1980er Jahre in der Galerie der Romantik im Schloss Charlottenburg. Heute werden die Gemälde in der Alten Nationalgalerie bewahrt.

Eine Wiedereinrichtung des Schinkel-Museums, wie kurzzeitig im Zuge der Restaurierung der Friedrichswerderschen Kirche erwogen, unterblieb. Dagegen sprachen die Verluste an plastischen und kunstgewerblichen Objekten, vor allem jedoch die konservatorische Einsicht, die es verbietet, Arbeiten auf Papier über einen längeren Zeitraum dem Licht auszusetzen. Entsprechend wurde das Schinkel-Museum der Sammlung der Zeichnungen der Nationalgalerie angegliedert, mit der es 1992 in die Obhut des Kupferstichkabinetts gelangte, wo es heute als eigenständiger Bestandteil der Sammlung gepflegt wird. Etwa 250 Zeichnungen und Skizzen aus dem Schinkel-Museum sind seit Kriegsende verschollen. Von diesen tauchten einige in jüngster Zeit wieder auf und konnten teilweise für die Sammlung zurück erworben werden, wie zwei der berühmten Geschenkblätter für Beuth. Dies macht Hoffnung, dass weitere verschollen Werke des Schinkel-Museums erhalten geblieben sind und ihren Weg zurück in die Sammlung finden.

 

Literatur

Paul Ortwin Rave: Urkunden zur Gründung und Geschichte des Schinkel-Museums, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen, Bd. 56, 1935, S. 234-249.

Gottfried Riemann: Das »Schinkelsche Museum«, Schicksal eines Nachlasses, in: MuseumsJournal, 6/1992, H. 4, S. 15-20.

Sigrid Achenbach: Die Schinkel-Sammlung im Berliner Kupferstichkabinett, in: Die Hand des Architekten. Zeichnungen aus Berliner Architektursammlungen (Schriftenreihe der Bauakademie Berlin, 1), Ausst.-Kat. Altes Museum, Berlin 2002, S. 82-100.

Rolf H. Johannsen: »Schinkel's Museum«. Von der Bauakademie ins wiedervereinigte Kupferstichkabinett, in: Hein-Th. Schulze Altcappenberg und Rolf H. Johannsen (Hrsg.): Karl Friedrich Schinkel. Geschichte und Poesie. Das Studienbuch, Berlin-München 2012, S. 305-328.