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Die Neulagerung der Schinkelsammlung am Kupferstichkabinett

Die ehemalige Form der Aufbewahrung der Zeichnungen und Druckgrafiken Schinkels stammte zu einem großen Teil noch aus der Gründungsphase des Schinkel-Museums kurz nach Schinkels Tod 1841. Sie stellte in chemischer wie auch in mechanischer Hinsicht eine Gefährdung für den bedeutenden Bestand dar. Der konservierungswissenschaftliche Fokus des Schinkel-Projektes lag daher auf der Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden Konzepts zur schonenden und nachhaltigen Neulagerung der Arbeiten Schinkels.

Die Schinkel-Sammlung am Kupferstichkabinett zeichnet sich stilistisch, thematisch und eben auch materiell durch ihre immense Vielfalt aus und stellte damit komplexe Anforderungen an ein neues Lagerungssystem: Neben großformatigen und schwer zu handhabenden Architekturplänen und -ansichten (mit Formatbreiten bis zu 175cm) finden sich kleinste, detaillierte Reisezeichnungen sowie Skizzenbücher. Die Auswahl der von Schinkel verwendeten Papiere reicht von traditionell handgeschöpften, aus Textilien hergestellten Papieren, über mit Leinöl imprägnierte, extrem dünne Transparentpapiere bis hin zu frühen Vélin-Papieren. Ebenso vielfältig sind die von Schinkel eingesetzten Zeichen- und Malmaterialien - und damit auch ihr Gefährdungspotential: Es finden sich beispielsweise Eisengallustinten, deren schädigende Wirkung als Tintenfraß bekannt ist; es gibt bindemittelarme und damit abriebgefährdete Gouachen sowie pudrige, nur schwach auf dem Trägerpapier haftende Kohlezeichnungen.

Die historische Aufbewahrung der Schinkelsammlung

Die frühere Form der Aufbewahrung der Zeichnungen und Druckgrafiken Schinkels stammte zu einem großen Teil noch aus der Gründungsphase des Schinkel-Museums kurz nach Schinkels Tod 1841. Zwischen 1842 und 1848 wurde der Buchbinder C. Pietzker beauftragt, „die Blätter zu beschneiden und zu kartonieren“ d.h. auf größerformatige Untersatzkartons aufzukleben.[1] Die aufgezogenen Zeichnungen wurden stapelweise in stabile Zeichenmappen mit umklappbaren Einschlägen eingelegt.

Diese Maßnahmen wurden in der wohlwollenden Absicht ergriffen, die Blätter schonend zu lagern und vor einer Schädigung durch Benutzung zu schützen. Leider hat diese historisch äußerst interessante Form der Aufbewahrung zu erheblichen, lagerungsbedingten Schäden an den empfindlichen Blättern geführt, die auch schon in den frühen Akten des Schinkel-Museums dokumentiert sind:[2] das direkte Aufeinanderliegen der Werke verursachte Oberflächenabrieb, sowohl auf den Papieren selbst als auch auf den Zeichen- und Malmaterialien, besonders den Aquarellen und Gouachen.

In der Vergangenheit wurden immer wieder Maßnahmen zur Verbesserung der Lagerungssituation des bedeutenden Bestandes vorgeschlagen und unternommen. Und dennoch ist es wohl aufgrund des schieren Umfanges des Materials nie zu einer systematischen und vollständigen konservatorischen Bearbeitung und Neulagerung des Bestandes gekommen.

Eine besondere, lagerungsbedingte Problematik stellte die hohe Konzentration flüchtiger organischer Verbindungen (VOCs = volatile organic compounds) dar, die aus den Objekten selbst, aus den historischen Verpackungsmaterialien, besonders aber aus den Aufbewahrungsschränken freigesetzt wurden. Im Rahmen des Schinkel-Projektes wurden in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten (Universität für Bodenkultur, Wien; Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart; Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin) die VOC-Emissionen in der bisherigen Lagerungssituation anhand naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden analysiert und Emissionsquellen identifiziert. Die physikalischen und chemischen Wechselwirkungen, die zwischen Papier und den vorliegenden VOCs stattfinden, wurden näher untersucht, um das Schädigungspotential der vorliegenden Emissionsquellen auf papierbasierte Objekte einordnen zu können. Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse mündete in einem neuartigen Lagerungssystem, das die Bedingungen einer langfristigen Erhaltung der Kunstwerke erfüllt, die VOC-Konzentrationen deutlich senkt, gleichzeitig die Erfordernisse des Museums hinsichtlich Platz sparender Unterbringung, kostengünstiger Umsetzung und einfacher Handhabung realisiert und zudem für eine in ihrer Materialzusammensetzung heterogene Sammlung konzipiert ist. 


[1] GStA PK, HA, Rep.76, Vb, Sekt.4, Tit.X, Nr.11, Bd.1, GStA PK, HA, Rep.76, Vb, Sekt.4, Tit.X, Nr.11, Bd.2

[2] GStA PK, I. HA, Rep. 76, Vb, Sekt. 4, Tit. X, Nr. 11, Bd. 4